Allgemeine Infos:
Titel: "Mord auf der Insel Gokumon"
Originaltitel: "Gokumontō" (獄門島)
Autor: Seishi Yokomizo
Übersetzung: Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
Erscheinungsdatum: 2023 (D), 1971/1996 (JP)
von mir rezensierte Auflage: 1. Auflage 2025
Originalpreis: 13,00€ (D)
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Umfang / Buchart: 336 Seiten, Paperback/Taschenbuch-Umschlag
Genre: Kriminalroman
ISBN: 978-3-7466-4181-2
Info: Auch als E-Book und Hardcover erhältlich
Buchrücken:
">>Der japanische Krimiautor Seishi Yokomizo nimmt eine Prise John Dickson Carr und eine Prise Agatha Christie und erschafft Kosuke Kindaichi, der die kompliziertesten Verbrechen aufzuklären vermag. Während sich die Mordfälle auf der abgelegenen Insel Gokumon häufen, reiht der kauzige liebenswerte Detektiv ein Indiz ans andere, um einen besonders teuflischen Plan aufzudecken.<< New York Times
>>Großartig erzählt.<< Börsenblatt
>>Seishi Yokomizo... beschreibt das alles mit einer so unheilvollen Vorahnung, dass es unmöglich ist, einen trockenen Hals zu kriegen.<< Deutschlandfunk Nova
>>Einmal mehr überzeugt Yokomizo mit scharfsichtigen Charakterstudien und einer präzisen Gesellschaftsbeschreibung.<< dpa"
Beschreibung auf der ersten Buchseite:
"Der Privatermittler Kosuke Kindaichi reist auf die abgelegene Insel Gokumon, um einer der wichtigsten Familien dort eine tragische Nachricht zu überbringen: Einer ihrer Söhne ist auf einem Truppentransportschiff, das ihn nach dem Zweiten Weltkrieg zurück in die Heimat bringen sollte, gestorben. Doch Kindaichi ist nicht nur als Bote gekommen - mit seinen letzten Worten warnte der Sterbende, dass nun das Leben seiner drei Stiefschwestern in Gefahr sei. Der Ermittler ist entschlossen, dieser mysteriösen Prophezeiung auf den Grund zu gehen und die drei Frauen zu schützen - wenn er kann. Dann beginnt auf der Insel eine Serie grausamer Morde, und auch Kosuke Kindaichi selbst ist in Gefahr."
"Seishi Yokomizu, 1902-1981, ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Er wurde in Kobe geboren und las als Junge unzählige Detektivgeschichten, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. >>Die rätselhaften Honjin-Morde<< ist der erste Band dieser Reihe und gewann sogleich den ersten Preis für Kriminalautoren Japans." (aus dem Buch)
Yokomizo erschuf ganze 77 Bände um seinen Detektiv Kosuke Kindaichi. Einige Bücher wurden dabei auch in Japan verfilmt. Zu Ehren Seishi Yokomizos wurde der 'Yokomizo-Seishi-Preis' als Literaturpreis erschaffen, um ihn zu ehren. Geehrt werden bisher unveröffentlichte Kriminalromane mit einer Statuette von Kosuke Kindaichi und einen Geldpreis. "Die rätselhaften Honjin-Morde" ist zwar der erste Band der Kosuke Kindaichi-Reihe, wer mit einem anderen anfängt, ist aber auch nicht schlimm- die Fälle sind in sich abgeschlossen und bauen nicht aufeinander auf. Auf deutsch sind bisher eine Hand voll der ersten Romane veröffentlicht.
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Vorkommende Charaktere:
Stammfamilie Kito:
Kaemon Kito - verstorbenes Oberhaupt der Stammfamilie Kito
Yosamatsu Kito - Kaemons Sohn, gilt als wahnsinnig
Chimata Kito - Enkel und Erbe von Kaemon, Kindaichis Kriegsfreund
Hitoshi - Cousin von Chimata, Bruder von Sanae, noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt
Sanae - Cousine von Chimata, Schwester von Hitoshi, lebt mit bei der Familie, kümmert sich um alles, während die Männer im Krieg sind
Tsukiyo - Halbschwester von Chimata, älteste Tochter Yosamatsus
Yukie - Halbschwester von Chimata, mittelste Tochter Yosamatsus
Hanako - Halbschwester von Chimata, jüngste Tochter Yosamatsus
Katsuno - Geliebte des verstorbenen Kaemon, lebt bei der Familie
Osayo - verstorbene Frau von Yosamatsu, Mutter der drei Mädchen, ehemalige Schauspielerin
Seitenlinie Familie Kito:
Gihei - Oberhaupt, leidet an Gicht
Oshiho - attraktive Frau von Gihei
Shozo Ukai - mysteriöser, gut aussehender junger Mann, Kriegsheimkehrer, lebt bei den beiden
Weitere Inselbewohner:
Ryonen - Priester des Senkoji-Tempels
Ryotaku - Novize im Tempel, der bald Nachfolger des Priesters werden soll
Takezo - Gezeitenmeister der Insel
Makihei Araki - Bürgermeister
Seiko - der Barbier
Ermittler:
Wachtmeister Shimizu - Inselpolizist
Kommissar Isokawa - übernimmt den Inselfall
Kosuke Kindaichi - Privatdetektiv, Hauptperson
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Meine Meinung:
Gut 9 Jahre nach seinem ersten Fall 1937 kehrt Kosuke Kindaichi aus dem Krieg zurück und hat gleich eine schwere Bürde auf sich lasten: Er muss den Tod seines Kriegsfreundes Chimata dessen Familie überbringen. Insgeheim hat er jedoch noch ein anderes Ziel: Chimata hat ihm eine eindrückliche Warnung mitgegeben, dass seine Schwestern sich nun in Todesgefahr befänden. Kosuke begibt sich auf die Insel und hält Augen und Ohren offen. Jedoch kann er nicht verhindern, dass es zu rätselhaften Todesfällen auf der Insel kommt und wird mehrmals von den sehr eigenwilligen, eigenbrödlerischen Inselbewohnern an der Nase herumgeführt...
Ich möchte nicht zu viel zur Handlung verraten. Aber auch hier habt ihr wieder einen soliden Kriminalroman im bisherigen Stil Seishi Yokomizos aus der Kosuke Kindaichi-Reihe. Wer den ersten Roman nicht kennt- nicht schlimm. Die Fälle sind in sich abgeschlossen und bauen nicht aufeinander auf. Ihr könnt also einsteigen, mit welchem Buch ihr wollt. Kindaichi ist auch hier schrullig, etwas kauzig und stottert liebenswert, wenn er aufgeregt ist. Das hat er mit seiner bisherigen Charakterbeschreibung weiter gemeinsam- nur, dass er jetzt eben auch einen Krieg hinter sich hat. Kindaichi ist nach wie vor sehr intelligent und aufmerksam, aber es gibt auch Unterschiede zum ersten Teil: Dort kam Kosuke erst nach den Geschehnissen an den Schauplatz und klärte die Morde auf. Hier kommt er auf der Insel an, bevor dort die seltsamen Fälle ausbrechen; er ist quasi mittendrin im Geschehen und muss schauen, ob er etwas verhindern kann. Dabei wird er selbst immer wieder auf falsche Fährten gelenkt und durchschaut nicht immer sofort alle Finten. Dadurch ist die Geschichte an und für sich vielleicht etwas schwermütiger, weil man das Drama mitansehen muss und auch Kindaichi zweifelt- und hier und da womöglich scheitert. Er gesteht sich seine Fehler ein und man merkt ihm den Kummer an, als er am Ende die ganze Tragik auflöst und die letzten Geheimnisse auflösen muss.
Wie schon im Vorgängerroman finden wir auch hier wieder sehr interessante, aber auch exzentrische Charaktere; irgendwie fällt jeder für sich ziemlich auf und man fragt sich, was diese schrulligen Inselbewohner alles für Geheimnisse haben. Das Inselsetting gefiel mir außerdem sehr, mit dem Dorf, den Klippen, dem Tempel, dem Meer, der alten Anlage...
Während im ersten Teil der Reihe übrigens immer mal wieder der Name großer weltweit bekannter Kriminalautoren zur Sprache kam, sind es in diesem Roman eher die Namen großer Haiku Dichter. Ich finde es interessant, dass Yokomizo so etwas immer wieder einbaut, ohne dass es aber zu viele Namen werden und man den Durchblick verliert. Apropos Durchblick: Ich wäre nie und nimmer erstens auf den Täter der Morde gekommen und zweitens auch nicht auf das Motiv, drittens auch nicht auf die Abläufe. Yokomizo hat sich auch in diesem Buch wieder echt was einfallen lassen. Nach wie vor fühle ich mich hier an Sherlock Holmes oder Detektiv Conan erinnert. Die Rätsel sind so abstrakt, dass man kaum auf die Lösung kommen mag, dennoch frustriert mich das beim Lesen nicht- Ich finde die Auflösungen, Wendungen immer wieder spannend. Auch hier gibt es bis zum Ende immer wieder Überraschungen. Ja, manch einer mag sagen, ihm ist das alles zu viel Drama, zu viel Übertreibung, so schlau mag kein Mörder sein- aber das ist mir persönlich egal, ich finde solche knifflig ausgedachten Rätsel faszinierend. Wem der erste Roman schon nicht gefallen hat, dem wird auch dieser hier wohl nicht gefallen. Und auch hier stieß ich im Internet auf Kommentare, dass dem ein oder anderen Leser wie schon beim ersten Teil das Mord-Motiv nicht verständlich sei- wie schon beim ersten Teil kann ich auch hier nur darauf hinweisen, dass man sich ein bisschen mit der japanischen Mentalität beschäftigen muss, um das womöglich zu verstehen. Wer noch nie etwas mit Japan am Hut hatte und auch keine japanische Literatur sonst liest- der wird nach den Büchern wahrscheinlich nur große Fragezeichen im Gesicht haben und das Buch eher nicht mögen. Was ich persönlich an dem Roman mag, neben den sich in ihrem Stil treu bleibende Buchcovern, ist u.a. der eigentümliche Humor Yokomizos, der sich auch hier gut wieder herauslesen lässt. Beispiel: "Lesern und Leserinnen, die den Kriminalroman Die rätselhaften Honjin-Morde kennen, ist Kosuke Kindaichi kein Unbekannter. Als junger Mann von Mitte zwanzig hatte er im Jahr 1937 einen mysteriösen Mordfall auf dem ländlichen Anwesen einer vornehmen Familie in der Präfektur Okayama aufgeklärt. Was hatte er seither zustande gebracht? Nun - eigentlich nichts. Wie alle jungen Japaner hatte er in den Krieg ziehen müssen, und so war die beste Zeit seines Lebens dahin." Hier sieht man auch gleich wieder gut, dass der Autor im Verlauf der Geschichte hin und wieder persönlich die Leser anspricht. Ansonsten wird aber sachlich aus der dritten Person beschrieben.
Vor dem Start der Geschichte gibt es übrigens ein Inhaltsverzeichnis. In der deutschen Übersetzung hat man im zweiten Teil außerdem das Personenregister gleich zu Beginn, im ersten Teil war es am Ende mit dem Glossar. Fand ich gut, denn im ersten Teil hatte ich es wirklich erst zu spät gesehen. Gerade bei so vielen vorkommenden Charakteren ist eine Übersichtsseite mit Namen und Beschreibungen doch schon praktischer. Was mir dagegen nicht so gefiel: Dass die Beschreibung auf dem Buchrücken eigentlich nichts groß zum Inhalt aussagt und nur aus Pressekritiken besteht.
Zur Insel Gokumon sei übrigens gesagt, dass diese real übrigens nicht existiert, es allerdings mehrere andere reale Inseln von Lage, Optik, Dialekt, Geschichte und Gebräuchen her dafür als Inspirationsquelle gibt.
- "Daran ist bestimmt nur diese verfluchte Insel schuld. Ich hatte es dir ja schon gesagt, die Bewohner von Gokumon sind nicht wie andere Leute. Sie haben etwas Merkwürdiges an sich, das sich dem gesunden Menschenverstand entzieht. Sie sind hart und verschlossen wie Muscheln. Eine derart eigentümliche Mentalität kann man sich auf dem Festland gar nicht vorstellen."
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