Allgemeine Infos:
Titel: "Die rätselhaften Honjin-Morde"
Originaltitel: 本陣殺人事件 (Honjin satsujin jiken)
Autor: Seishi Yokomizu
Übersetzung: Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
Erscheinungsdatum: 1973 (JP); 2022 (D)
von mir rezensierte Auflage: 3. Auflage 2024
Originalpreis: 12,00€ (D)
Verlag: Aufbau Verlag
Umfang / Buchart: 206 Seiten, Paperback/Taschenbuch-Umschlag
Genre: Krimi
ISBN: 978-3-7466-3823-2
Info: Auch als E-Book erhältlich. Teil 1 der "Kosuke Kindaichi"-Reihe, jedoch in sich abgeschlossene Geschichte.
Buchrücken:
">>Dass dieses Buch in Japan als einer der besten Detektivromane gilt, glaubt man bei der Lektüre sofort.<< Frankfurter Allgemeine Zeitung
Im Winter 1937 wird ein Dorf von einem schrecklichen Verbrechen erschüttert: Der Sohn der angesehenen Familie Ichiyanagi und seine junge Frau sind tot. Der Fall gibt viele Rätsel auf. Allen voran die Tatsache, dass der Raum, in dem das Verbrechen stattfand, von innen verschlossen war. Ein echtes >Locked-Room-Murder-Mystery< und der Privatdetektiv Kosuke Kindaichi ist fest enschlossen, es zu lösen.
>>Ein Kriminalfall klassischer Güte, Vergleiche mit Sherlock Holmes sind absolut gerechtfertigt: Verwirrungen, falsche Fährten und ein faszinierender Einblick in die japanische Gesellschaft.<< Japan Times"
Beschreibung auf der ersten Buchseite:
"Es ist der Winter 1937, und das Dorf O. befindet sich in heller Aufruhr: Schon bald wird die renommierte Familie Ichiyanagi-Familie ihren Sohn vermählen. Aber unter den Tratsch über das anstehende Fest mischt sich ein beängstigendes Gerücht: Ein maskierter Mann streift durch den Ort und fragt die Leute zu den Ichiyanagis aus. In der Hochzeitsnacht erwacht die Familie durch einen furchtbaren Schrei. Das frisch verheiratete Paar wird tot aufgefunden. Es gibt keine Spur außer einem blutigen Schwert, das im reinen Schnee im Hof des Anwesens steckt. Das Verbrechen gibt Rätsel auf, denn Tür und Fenster des Raums waren von innen verschlossen. Doch der Privatdetektiv Kosuke Kindaichi will den Fall unbedingt lösen."
"Seishi Yokomizu, 1902-1981, ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Er wurde in Kobe geboren und las als Junge unzählige Detektivgeschichten, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. >>Die rätselhaften Honjin-Morde<< ist der erste Band dieser Reihe und gewann sogleich den ersten Preis für Kriminalautoren Japans." (aus dem Buch)
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Vorkommende Charaktere:
Familie Ichiyanagi:
Itoko: Hausherrin, Witwe, 57, 5 Kinder
Kenzo: ältester Sohn von Itoko, der Bräutigam, um die 40
Taeko: nächstjüngere Tochter von Itoko, lebt in Shanghai,
Ryuji: Zweitältester Sohn Itokos, 35, Arzt in Osaka
Saburo: jüngste Sohn Itokos, 25, beschäftigungslos,
Suzuko: Jüngste Tochter Itokos, 17, kränklich
Ryosuke: Cousin von Kenzo, 38, lebt mit seiner Frau Akiko & den 3 Kindern auf dem Anwesen
Akiko: Ehefrau von Ryosuke
Großonkel Ihei: jüngerer Bruder von Kenzos Opa
Familie Kubo:
Katsuko: Verlobte/Braut von Kenzo, Mitte 20, Lehrerin an einer Mädchenschule
Ginzo: Onkel von Katsuko, der sie nach dem Tod ihres Vaters aufzog
Bedienstete:
Nao - Köchin
Kiyo - Dienstmädchen
Genshichi - Bediensteter,
Shukichi - Betreiber der Wassermühe
Ermittler:
Kommisar Isokawa - ermittelt im Fall
Kimura - Assistent von Isokawa
Kosuke Kindaichi - Privatdetektiv
Dr. F. - der Gerichtsmediziner
Sonstige:
Shizuko Shiraki - Freundin von Katsuko
der Unbekannte - dubioser Mann mit 3 Fingern
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Meine Meinung:
Die Geschichte wird uns aus der Sicht eines Autors (vielleicht sogar des Buchautors) geschildert, der Kriminalromane schreibt und dem in einem Dorf, in das er während des Krieges evakuiert wird, die rätselhaften Honjin-Morde 'empfohlen' werden: Die Berichte des Arztes, der die Mordopfer untersucht hätte, hätten ihn in Aufregung versetzt und so wolle er dem Leser die Geschichte erzählen. Er selbst bezeichnet den Fall als 'Locked Room Murder Mystery', ein Mord in einem verschlossenen Raum. Selbst besucht er den Schauplatz erst einige Jahre nach der Tat (welche ursprünglich 1937 spielt).
Nach der Beschreibung der Gesamtsituation im Groben, geht er dazu über, seltsame Ereignisse im Vorfeld der Hochzeit zu beschreiben, und anschließend beschreibt er uns die Familie Ichiyanagi an sich. Der Leser bekommt ein Bild davon wie sie und die Familie Kubo bisher gelebt haben, wie sie grob 'ticken'. Dann kommt es zu den Beschreibungen des Hochzeitstages an sich und dessen Abläufen. Schließlich geschieht das Verbrechen: Das Brautpaar Kenzo und Katsuko wird mitten in der Nacht ermordert im Nebengebäude aufgefunden, die letzten Schreie waren begleitet vom Spiel einer Koto. Das Schwert, vermutlich die Mordwaffe, steckt außerhalb des Gebäudes im Boden, im unberührten Schnee. Keine Fußspuren- Türen und Fenster sind verrammelt. Wie konnte dies geschehen? Wer war der Täter? Familienmitglieder die gegen die Hochzeit waren, jemand aus dem Dorf oder doch der mysteriöse Mann mit den 3 Fingern, der Tage zuvor aufgefallen war? Katsukos Onkel Ginzo ist es schließlich, der seinen Bekannten Kosuke Kindachi kommen lässt, ein junger Detektiv, der als etwas äußerlich zerstreut und zerzaust wirkend beschrieben wird, und der der Polizei mit dem Fall entscheidend unter die Arme greift.
Der Autor beschreibt uns weiter bis zum Ende die Geschichte und wendet sich hin und wieder direkt an den Leser (z.B. "Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, angenommen haben, dass [....]"). Hin und wieder kommen solche Hinweise am Ende eines Kapitels als interessante Wendung oder Kliffhänger, die meiste Zeit aber schreibt er aus der 3. Person sachlich die Abläufe (z.B. "Kommissar Isokawa hatte..."). An und für sich fand ich, lässt sich die Geschichte äußerst flüssig lesen und ich war schnell mit dem (auch eher dünneren) Buch durch. Der Schauplatz wird genau mit allen Details beschrieben und es gibt sogar eine Skizze vom Tatort im Buch. Auftauchende Schriften (Briefe, Zettel) werden in anderer Schriftart als dem sonstigen Text geschrieben, sodass es rein optisch schon gut unterschieden ist. Der Autor bzw. Kindachi ziehen immer mal wieder Vergleiche zu Fällen bekannter Krimiautoren, was ganz witzig war. Klar, wenn man diese nicht kennt, sagt einem das nichts, aber ich kannte einen der beschriebenen Sherlock Holmes Fälle grob und musste etwa, schon bevor dieser im Buch erwähnt wurde, daran denken.
Natürlich rätselt man als Leser mit und überlegt, wie es geschehen sein könnte- nicht nur wer der Mörder ist, sondern wie alles rein logisch überhaupt passiert sein konnte war schon interessant. Tatsächlich lag ich auch gar nicht so komplett daneben mit meiner Vermutung, aber so komplex und kompliziert hätte ich den Fall nie erfasst oder erklären können. Bei manchen Details fehlte mir dann einfach auch ein bisschen die Vorstellung, ein wichtiger Schauplatz wird meiner Meinung nach auch recht spät erst eingeführt- zum Erhalt der Spannung wichtig, aber für Miträtselnde eben auch schwierig, das mit einzuberechnen. Andererseits müssen Polizei und Detektiv auch erst alle Details Stück für Stück zusammensuchen und zusammensetzen und wissen davon zuvor nichts. Das eigentliche Motiv der Tat (ich werde nicht spoilern) ist für den ein oder anderen vielleicht nur schwer zu verstehen: Ich habe bei Rezensionen zu diesem Buch von anderen Leuten gelesen, das Mordmotiv sei für uns im Westen nur schwer nachvollziehbar. Das, dachte ich, käme wahrscheinlich gut hin. Wer sich etwas mit der japanischen Mentalität beschäftigt, wird es vielleicht eher verstehen. Aber wie gesagt, ich will nicht spoilern. An und für sich fand ich den Krimi wirklich interessant. Außerdem lernt man noch dazu: ein Honjin war früher zu Shogun-Zeiten eine Art Gasthaus, in dem ausschließlich Adelige übernachteten. Was mich lediglich gestört hat am Buch, sind so Abkürzungen wie "Dr. F." oder "Dorf O." usw. Das störte mir etwas den Lesefluss. Ich kann mir vorstellen, dass er nicht die Namen echter Dörfer nehmen wollte und deshalb vage blieb, aber dann hätte er sich auch Namen ausdenken können. Genauso, warum haben alle ausgeschriebene Namen außer der Arzt? Wie gesagt, das hat mich als Einziges ein wenig gestört.
Kosuke Kindaichi kommt erst recht spät in die Geschichte und ist gezeichnet als recht unangepasster junger Japaner, mit nicht ganz neuen oder ordentlicher Kleidung, mit wirren Haaren und der bei Aufregung stottert- nicht der typische coole oder gutaussende Held einer Geschichte. Viele Jahre wusste er mit seinem Leben nichts sinnvolles anzufangen, ehe er mit seiner Auffassungsgabe Detektiv wurde. Er ist ein auffälliger, den normalen Rahmen sprengender Hauptcharakter, der von anderen belächelt oder mit gerunzelter Stirn betrachtet und wenig ernst genommen wird, bis er sein Können unter Beweis stellt. Dieses schrullige, eigene macht ihn irgendwie sympathisch. Auch die anderen Charaktere im Buch sind auf ihre Art ziemlich eigen. Das Buch ist übrigens der Auftakt zu einer Reihe, Yokomizo erschuf ganze 77 Bände um seinen Detektiv Kosuke Kindaichi. Einige Bücher wurden dabei auch in Japan verfilmt. Zu Ehren Seishi Yokomizos wurde der 'Yokomizo-Seishi-Preis' als Literaturpreis erschaffen, um ihn zu ehren. Geehrt werden bisher unveröffentlichte Kriminalromane mit einer Statuette von Kosuke Kindaichi und einen Geldpreis. "Die rätselhaften Honjin-Morde" ist zwar der erste Band der Kosuke Kindaichi-Reihe, wer mit einem anderen anfängt, ist aber auch nicht schlimm- die Fälle sind in sich abgeschlossen und bauen nicht aufeinander auf. Auf deutsch sind bisher eine Hand voll der ersten Romane veröffentlicht.
Am Ende des Buches befinden sich noch einmal ein Personenregister und ein Glossar zur Übersicht. Für Kriminal-, Detektiv- und Rätselfans ist die Reihe auf jeden Fall empfehlenswert, ich musste z.B. oft auch an den japanischen Mangahelden Detektive Conan denken.
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- "Eine Seite an diesem Fall faszinierte mich besonders, nämlich die zentrale Rolle, die das traditionelle japanische Saiteninstrument, die Koto, darin spielte. Sobald ein kritischer Moment erreicht war, ertönte auf geheimnisvolle Weise die Koto. Dies übte auf mich, einen hoffnungslosen Romantiker, einen ungeheuer starken Reiz aus. Ein Mord in einem verschlossenen ockerroten Raum und der Klang einer Koto - auf mich als Schriftsteller wirkten diese Motive unwiderstehlich wie eine köstliche Droge, und ich fürchtete, ihre Wirkung würde nachlassen, wenn ich mich mit dem Schreiben nicht beeilte."
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* Unbezahlte Werbung / selbst getestet & selbst gekauft.
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