Allgemeine Infos:
Titel: "Schuldig"
Originaltitel: "Reverse" ("リバース")
Autor: Kanae Minato
Übersetzung: aus dem Japanischen von Sabine Mangold
Erscheinungsdatum: 2017 (JP), 22.04.2019 (D)
Originalpreis: 18,00€ (D)
Verlag: C. Bertelsmann, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Genre: Mystery, Krimi, Alltag, (Thriller)
ISBN: 978-3-570-10367-8
Info: auch als Ebook erhältlich.
Buchrücken:


"Vier Freunde, ein tödliches Unglück und die Frage nach der Schuld
Fünf Studenten aus Tokio wollen in einem abgelegenen Dorf zusammen ein paar Ferientage verbringen. Einer von ihnen, Hirosawa, kommt nachts bei einem Autounfall auf einer kurvenreichen Bergstraße ums Leben. Drei Jahre später holt das schreckliche Ereignis die ehemaligen Studienkollegen ein: Sie erhalten anonyme Briefe, in denen sie des Mordes an ihrem Freund beschuldigt werden. Von wem stammen die Briefe? Und was ist in jener verhängnisvollen Nacht tatsächlich geschehen...?"
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Kurz über die Autorin:
"Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller Geständnisse (C.Bertelsmann 2017), der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Yamamoto-Shuguro-Preis. Schuldig wurde ebenfalls verfilmt und war 2017 eine der beliebtesten Mini-Serien im japanischen Fernsehen." (Vom Bucheinband)
Kanae Minato gilt als Vertreterin des Iyamisu-Genres: Iyamisu (イヤミス) oder „Eww Mystery“ ist ein Subgenre, das 2006 von Mystery-Kritiker Aoi Shimotsuki geschaffen wurde, um Romane zu klassifizieren, die die dunkelsten und verstörendsten Seiten des Menschen erforschen. Wie der Name schon sagt, enthalten sie oft gruselige und herzzerreißende Inhalte, die beim Leser ein „Eww!!“ hervorrufen.
Kanae Minato gilt als Vertreterin des Iyamisu-Genres: Iyamisu (イヤミス) oder „Eww Mystery“ ist ein Subgenre, das 2006 von Mystery-Kritiker Aoi Shimotsuki geschaffen wurde, um Romane zu klassifizieren, die die dunkelsten und verstörendsten Seiten des Menschen erforschen. Wie der Name schon sagt, enthalten sie oft gruselige und herzzerreißende Inhalte, die beim Leser ein „Eww!!“ hervorrufen.
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Meine Meinung:
Meine Meinung:
Zuerst einmal muss ich anmerken, dass der deutsche Buchtitel sehr passend ist: Im Buch wird der Frage nachgegangen, ob und wer seiner Studienfreunde am Tod von Yoshiki Hirosawa Schuld trägt.
Vorgestellt wird uns am Anfang des Buches der Charakter Kazuhisa Fukase: er sieht sich selbst als jemanden, der nicht groß auffällt und nichts besonderes ist. Fukase arbeitet für eine Büroartikelfirma, bereut manchmal, nicht mehr aus sich gemacht zu haben, liebt Kaffee und hat eine Freundin. Wir begleiten ihn in seinem aktuellen Alltag, der jedoch irgendwann aus den Fugen gerät, als ein Brief auftaucht, der Fukase als Mörder bezeichnet. Für ihn kann dies nur mit dem Ausflug zusammen hängen, auf dem damals sein Freund verunglückte.
Stück für Stück tauchen wir immer tiefer in die Geschichte ein, denn es gibt immer wieder Rückblenden in die Freundschaft von Fukase und Hirosawa und in den verhängnisvollen Ausflugstag. Zu Beginn verwirrten mich diese Sprünge noch, aber als ich ein Gefühl für das Buch bekam, war das nicht mehr.
Folgende Freunde waren damals auf dem Ausflug und werden uns durch Fukase über das Buch mit der Zeit vorgestellt:
Yoshiki Hirosawa - der Verunglückte, (bester) Freund von Fukase, an der Uni kennengelernt. Wie Fukase auf Jobsuche. Hat einen Führerschein.
Kousuke Asami - gleiches Seminar wie Fukase an der Uni. Später Lehrer geworden, liest gern, hat einen Führerschein.
Takaaki Murai - brachte den Vorschlag, nach Madarao Kogen zu fahren. Sein Vater ist Präfekturabgeordneter, wird eines Tages bei ihm im Büro einsteigen. Spielt gern Anführer. Kommt auf dem Ausflug nach, möchte dabei abgeholt werden.
Yasuo Tanihara - hat eine Stellenzusage bei einem Handelsunternehmen. Sportskanone, gut gelaunt, kann größere Gruppen anführen, immer gut gelaunt, patent, beliebt , bezieht gern alle mit ein. Keinen Führerschein.
Kazuhisa Fukase - damals noch keine Jobzusage. Kein Führerschein.
Die Information mit dem Führerschein ist noch relevant, denn Murai möchte während eines Unwetters am Bahnhof abgeholt werden. Dabei verunglückt Hirosawa, der ihn holen sollte.
Jahre später taucht nun der Brief an Fukase auf und die Frage nach der Schuld beginnt: sind seine Freunde und er Schuld am Tod von Hirosawa? Hat ihn gar jemand ermordet, ihn in den Tod geschickt? Fukase beginnt sich an damals zu erinnern und sucht die alten Studienfreunde auf und versucht mit ihnen herauszufinden wer der Verfasser des Briefs ist. Darüber hinaus möchte er eigentlich persönlich wissen: Wer war Hirosawa, bei dem er glaubte, dass es sein bester Freund gewesen war und über den er doch so wenig wusste? Eine Reise in die Vergangenheit und zu alten Weggefährten Hirosawas beginnt.
Im Gegensatz zum Erstlingswerk "Geständnisse" der Autorin, wo es ganz schön abgeht an Handlung, verläuft "Schuldig" insgesamt ruhiger und ist eher kein Iyamisu-Werk. Es ist ganz anders aufgebaut als "Geständnisse" und legt ganz andere Schwerpunkte. Ich fand es sehr lange sehr ruhig, bis es tatsächlich spannender wurde, allerdings nicht so sehr Thrillerhaft wie "Geständnisse".
Dennoch ebenfalls sehr interessant: Wer schrieb den Brief? Wird der "Täter" noch mehr unternehmen? Und was geschah damals wirklich? Es gibt immer wieder verschiedene Spuren und Hinweise im Buch die den Leser hier und dort hin schicken auf der gedanklichen Tätersuche und obwohl ich geahnt habe, wie es enden könnte, kommt es dann zwar so wie ich vermutet habe, aber doch auch ganz anders: das hat dieses Werk mit seinem Vorgänger dann doch wieder gemeinsam! Kanae Minato schafft es in ihren Werken, immer wieder zu überraschen. Ob auf grausame, oder hier ruhigere, sich aufbauende Art und Weise.
Besonders wird mir von dem Buch auch die Beschreibung verschiedener Details und Köstlichkeiten in Erinnerung bleiben. Getränke und Gerichte nehmen schon einen recht guten und auch wichtigen Teil des Buches ein: Ob es Fukases Liebe zum Kaffee ist, ob es verschiedene Honigsorten, regionale Gerichte während des Ausflugs oder typische Familiengerichte daheim sind, die uns beschrieben werden. Hier einige Beispiele:
- "Auf allen klebte ein Etikett, das aussah wie ein Fetzen geschöpftes Papier mit Pinselgemalter Aufschrift: Marmelade aus dem Hause Morikawa und Honig aus dem Hause Morikawa. Das Hausgemacht-Label sprach ihn noch mehr an als das Gütesiegel Hochland [...]"
- "Der sämige, karamellbraune Honig schien die Vegetation der japanischen Alpen konzentriert in sich versammelt zu haben, und Fukase hätte ihn am liebsten mit dem Finger aus dem Glas geschleckt."
- "Dort solle man eine Soba-Spezialität - mit Gebirgswasser zubereitete Buchweizennudeln - essen können."
Neben dem Essen und der Schuldfrage finde ich das Zwischenmenschliche des Buches interessant. Wie Fukase versucht, sich ein Bild seines Freundes zu machen und was er dabei alles erfährt. Und was man als Leser selbst über Hirosawa und die anderen Charaktere erfährt. Und was für überraschende Kleinigkeiten Fukase da entdeckt und über die man selbst staunen kann- wenn man sich auf das Buch denn einlassen kann & will. Ich habe verschiedene Rezensionen dazu im Internet gefunden: Von begeisterten Lesern, bis zu welchen, die nach dem Lesen von "Geständnisse" nun mit "Schuldig" enttäuscht waren. Ich finde jedoch, man darf die beiden Werke nicht miteinander vergleichen. Sie sind völlig verschieden vom Setting, Inhalt und Schreibstil her. Aber wie gesagt: Ich persönlich mag Kanae Minatos Wendungen die sie einbaut und das immer anders-als-man-erwartet-hat-Ende. Das deutsche Buchcover finde ich übrigens auch sehr raffiniert.
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Eine Stelle aus dem Buch:
Nach den ganzen Essensstellen jetzt mal noch ein paar andere Stellen, die mir gefallen haben;):
- "Vielleicht konnte ich diese schockierende Anschuldigung nur aushalten, weil sich zuvor in einem entlegenen Winkel meines Bewusstseins bereits eine dunkle Ahnung geregt hatte, dass sich irgendwann alles zuspitzen würde. "
- "Ich bin ein farbloser Luftmensch. Ich sollte besser gar nicht reagieren, selbst wenn etwas vielversprechend klingt... Denn es würde ja sowieso niemand einen wie mich einladen. Während er seinen Gedanken nachhing, tippte er vorgeblich eifrig weiter an einem sinnlosen Text."
- "Ich habe nun verstanden, dass die Beziehungen zwischen Menschen nicht eingleisig verlaufen, sondern auf komplexe Weise ineinander verflochten sind."
- "Ich dachte, dass du Vergeltung im Sinn hattest, [...] Das mag auch durchaus ein Beweggrund gewesen sein. Aber hauptsächlich wolltest du doch mehr über Hirosawa erfahren. Wie er mit anderen Freunden, die du nicht kanntest, seine Zeit verbracht hat. Wie haben ihn die anderen wahrgenommen? Du wolltest das einfach wissen. Möglichst bis zu seinem allerletzten Tag."
Fazit:
Ein Buch über Freundschaft und menschliches Miteinander, garniert mit regionalen Gerichten, Details und der Frage nach der Schuld. Hat neben ruhigen Stellen aber auch einige spannende zu bieten und die für Kanae Minato typischen, mehrmaligen Wendungen in einer Geschichte. Ein interessanter Roman. Gefiel mir insgesamt nach kleinen, anfänglichen Startschwierigkeiten doch sehr gut.
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