Autor: Lucinde Hutzenlaub
Übersetzung: -
Erscheinungsdatum: 2014
Originalpreis: 9,95€ (D)
Verlag: Eden books
Genre: Alltagsbericht, Leben in Japan, Auswandern mit Familie
ISBN: 978-3-944296-54-8
Info: auch als E-Book erhältlich.
Buchrücken:
"Lucinde Hutzenlaub hat einen liebenden Ehemann, vier Kinder und auch sonst alle Hände voll zu tun. Als ihr Mann ein Jobangebot in Tokio bekommt, ist das Chaos perfekt: Mit Kind und Kegel verlässt die Familie die schwäbische Heimat, tauscht Spätzle gegen Sushi ein und macht sich auf ins unbekannte Japan.
Hallo Japan ist eine mitreißende und unterhaltsame Geschichte über Kulturschocks, Fettnäpfchen und Erfolgserlebnisse in der Ferne – und ein packender Augenzeugenbericht über das schwere Erdbeben von 2011, das die Familie hautnah in Tokio miterlebte."
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Kurz über die Autorin:
Lucinde Hutzenlaub (*1970 in Stuttgart) ist deutsche Kolumnistin, Grafikerin, Heilpraktikerin und Autorin. Sie schreibt über lustige Themen des Alltags ("Männergrippe", "Mama im Unruhestand" oder Werke ihrer "Ich dachte..."-Reihe), aber auch Romane (z.B. "Pasta d’amore – Liebe auf Sizilianisch"). Sie ist verheiratet mit Holger Hutzenlaub, welcher in der Automobilbranche tätig ist und dessen Job der Grund für die mehrjährige Auswanderung nach Japan war. Gemeinsam haben sie drei Töchter und einen Sohn.
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Meine Meinung:
Lucinde Hutzenlaub wandert mit der ganzen Familie bedingt durch die Arbeit ihres Mannes für mehrere Jahre nach Japan aus. Ihr Wissen über Japan? - Gleich null:
"Mein Bezug zu Asien im Allgemeinen und Japan im Besonderen ist gering. Um genau zu sein habe ich keinen. Ich habe noch nicht mal eine Meinung.", schreibt sie im Buch.
Damit ist das Chaos eigentlich direkt vorprogrammiert. Und so kommt es auch. Es kommt mehr als einmal zu Missverständnissen, komischen oder peinlichen Momenten und Situationen. Denn niemand in der Familie spricht Japanisch. Die 4 Kinder sind zu Beginn im Alter von 2 bis 14 Jahren und somit auch die Themen Kindergarten und Schule involviert. Es bilden sich internationale Freundschaften, es geht um Kollegen, Nachbarn, andere Eltern, Behördengänge, Ausflüge und allgemeine Begegnungen mit Japanern. Und wenn das nicht für genug Chaos sorgt, wagt Frau Hutzenlaub sich auch noch unter die Autofahrer.
Wenn man beginnt zu lesen und Japan sehr mag und/oder sich damit ein bisschen näher befasst hat, macht man an der ein oder anderen Stelle große Augen. Denn Frau Hutzenlaub lässt die Japaner manchmal dastehen, als wären sie völligst verrückt:
"Unser Haus ist toll. Für japanische Verhältnisse ist es sehr groß und hell. In fast allen Häusern, die Holger und ich bei unserem Vorbereitungsbesuch im April angeschaut haben, kam gleich nach dem Schuheausziehen (ganz wichtig!) der Griff zum Lichtschalter. Auch wenn es draußen Sonnenschein und strahlend blauen Himmel gibt, ist es drinnen novemberdunkel. Wahrscheinlich haben alle Angst, dass sie von der Lichteinstrahlung braun werden könnten, und richten deshalb die Fenster immer nach Norden aus. Außerdem stehen die meisten Häuser so dicht an dicht, dass man das Nachbarhaus durchs Fenster berühren kann."
"Das ist kaum zu glauben: Da lebt man in einer High-Tech-Metropole wie Tokio, in der nicht nur die Hundert-Yen-Shops glitzern und blinken, und dann läuft jeden Abend ein waschechter Nachtwächter durch die Straße und schlägt auf seine Klanghölzer, um den Leuten zu signalisieren: "Macht das Feuer aus!" Offensichtlich gibt es hier sogar noch Leute mit einer Feuerstelle unter dem Tisch, eine traditionelle Kochmethode in Japan. Gut, dass sie sowieso fast alles roh essen."
Apropos: Mit der Kulinarik hat sie es oft nicht so. Zugegeben, japanisches Essen ist Geschmackssache, aber ihre Leser werden das ein oder andere sicher nicht mehr probieren: zum Beispiel Natto, nachdem sie ihre Beschreibung davon gelesen haben: "fermentierte, Fäden ziehende, schleimige, übel riechende Sojabohnenpampe, die aussieht wie Nasenpopel [...] Manche Leute essen Natto zu allem Überfluss mit Senf." Wer würde das jetzt noch kosten? Nicht einmal ich, und ich mag Natto.
Nicht selten geht sie ironisch oder sarkastisch an die Sache heran und schreibt schonungslos über Menschen oder Situationen. Man kann es als Leser lustig finden oder sich auf den Schlips getreten fühlen. Gerade am Anfang dachte ich öfter mal "Oh weia", wenn sie Leute so verrückt beschreibt, dass man ohne Japankenntnisse wirklich denken mag: Die spinnen, die Japaner. Und das mag den ein oder anderen Japankenner oder auch Japaner stören, weil dem Land so Unrecht getan wäre. Aber ich denke, man muss das Buch mit Humor nehmen und Spaß verstehen können. Man merkt, dass die Autorin eben keine Erfahrung mit Japan hat- genau so oft, wie sie aber schonungslos über Japan schreibt, genauso oft schreibt sie aber genauso schonungslos über sich selbst und ihre Familie. Und das ist gerade irgendwie das Sympathische: sie schreibt über eigene Verfehlungen und Fettnäpfchen, in die sie trat. Oder durch ihre Familie geriet. Oft überlegte ich, in wie weit sie Momente ausschmückt oder übertreibt: manches ist offensichtlich übertrieben, bei manch anderem wüsste man gern, wie es wohl wirklich geschehen ist. Z.B. war ich irgendwo zwischen Amüsement und Kopfschütteln, als Frau Hutzenlaub Panik bekam, ob sie gleich vom Nationalsozialisten angesprochen wird und wie sie reagieren solle. Sie macht sich riesige Gedanken um nichts und wieder nichts. An manch anderer Stelle frage ich mich, wie gefährlich eine Situation tatsächlich war (und wie unverantwortlich sie oder andere beschriebene Personen in jeweiligen Momenten sonst vielleicht waren.)
Mit der Zeit merkt man, dass sie länger in Japan lebt: sie hat sich doch schon an das ein oder andere gewöhnt, sieht Dinge entspannter oder schreibt darüber, was sie mag.
Und als die große Katastrophe von Fukushima 2011 geschieht, erlebt die Familie das große Beben in Tokyo mit und die Frage kommt auf: gehen oder bleiben?
Gerade die Zeit um die große Katastrophe und die Sicht darauf ein Jahr später lassen die Autorin dann doch nachdenklicher werden und mit doch mehr Ernst darüber schreiben. Besonders ihre Beschreibung ein Jahr nach der Katastrophe, was sie bei einem Besuch eines Ortes erlebten, fand ich gut formuliert.
"Mein Bezug zu Asien im Allgemeinen und Japan im Besonderen ist gering. Um genau zu sein habe ich keinen. Ich habe noch nicht mal eine Meinung.", schreibt sie im Buch.
Damit ist das Chaos eigentlich direkt vorprogrammiert. Und so kommt es auch. Es kommt mehr als einmal zu Missverständnissen, komischen oder peinlichen Momenten und Situationen. Denn niemand in der Familie spricht Japanisch. Die 4 Kinder sind zu Beginn im Alter von 2 bis 14 Jahren und somit auch die Themen Kindergarten und Schule involviert. Es bilden sich internationale Freundschaften, es geht um Kollegen, Nachbarn, andere Eltern, Behördengänge, Ausflüge und allgemeine Begegnungen mit Japanern. Und wenn das nicht für genug Chaos sorgt, wagt Frau Hutzenlaub sich auch noch unter die Autofahrer.
Wenn man beginnt zu lesen und Japan sehr mag und/oder sich damit ein bisschen näher befasst hat, macht man an der ein oder anderen Stelle große Augen. Denn Frau Hutzenlaub lässt die Japaner manchmal dastehen, als wären sie völligst verrückt:
"Unser Haus ist toll. Für japanische Verhältnisse ist es sehr groß und hell. In fast allen Häusern, die Holger und ich bei unserem Vorbereitungsbesuch im April angeschaut haben, kam gleich nach dem Schuheausziehen (ganz wichtig!) der Griff zum Lichtschalter. Auch wenn es draußen Sonnenschein und strahlend blauen Himmel gibt, ist es drinnen novemberdunkel. Wahrscheinlich haben alle Angst, dass sie von der Lichteinstrahlung braun werden könnten, und richten deshalb die Fenster immer nach Norden aus. Außerdem stehen die meisten Häuser so dicht an dicht, dass man das Nachbarhaus durchs Fenster berühren kann."
"Das ist kaum zu glauben: Da lebt man in einer High-Tech-Metropole wie Tokio, in der nicht nur die Hundert-Yen-Shops glitzern und blinken, und dann läuft jeden Abend ein waschechter Nachtwächter durch die Straße und schlägt auf seine Klanghölzer, um den Leuten zu signalisieren: "Macht das Feuer aus!" Offensichtlich gibt es hier sogar noch Leute mit einer Feuerstelle unter dem Tisch, eine traditionelle Kochmethode in Japan. Gut, dass sie sowieso fast alles roh essen."
Apropos: Mit der Kulinarik hat sie es oft nicht so. Zugegeben, japanisches Essen ist Geschmackssache, aber ihre Leser werden das ein oder andere sicher nicht mehr probieren: zum Beispiel Natto, nachdem sie ihre Beschreibung davon gelesen haben: "fermentierte, Fäden ziehende, schleimige, übel riechende Sojabohnenpampe, die aussieht wie Nasenpopel [...] Manche Leute essen Natto zu allem Überfluss mit Senf." Wer würde das jetzt noch kosten? Nicht einmal ich, und ich mag Natto.
Nicht selten geht sie ironisch oder sarkastisch an die Sache heran und schreibt schonungslos über Menschen oder Situationen. Man kann es als Leser lustig finden oder sich auf den Schlips getreten fühlen. Gerade am Anfang dachte ich öfter mal "Oh weia", wenn sie Leute so verrückt beschreibt, dass man ohne Japankenntnisse wirklich denken mag: Die spinnen, die Japaner. Und das mag den ein oder anderen Japankenner oder auch Japaner stören, weil dem Land so Unrecht getan wäre. Aber ich denke, man muss das Buch mit Humor nehmen und Spaß verstehen können. Man merkt, dass die Autorin eben keine Erfahrung mit Japan hat- genau so oft, wie sie aber schonungslos über Japan schreibt, genauso oft schreibt sie aber genauso schonungslos über sich selbst und ihre Familie. Und das ist gerade irgendwie das Sympathische: sie schreibt über eigene Verfehlungen und Fettnäpfchen, in die sie trat. Oder durch ihre Familie geriet. Oft überlegte ich, in wie weit sie Momente ausschmückt oder übertreibt: manches ist offensichtlich übertrieben, bei manch anderem wüsste man gern, wie es wohl wirklich geschehen ist. Z.B. war ich irgendwo zwischen Amüsement und Kopfschütteln, als Frau Hutzenlaub Panik bekam, ob sie gleich vom Nationalsozialisten angesprochen wird und wie sie reagieren solle. Sie macht sich riesige Gedanken um nichts und wieder nichts. An manch anderer Stelle frage ich mich, wie gefährlich eine Situation tatsächlich war (und wie unverantwortlich sie oder andere beschriebene Personen in jeweiligen Momenten sonst vielleicht waren.)
Mit der Zeit merkt man, dass sie länger in Japan lebt: sie hat sich doch schon an das ein oder andere gewöhnt, sieht Dinge entspannter oder schreibt darüber, was sie mag.
Und als die große Katastrophe von Fukushima 2011 geschieht, erlebt die Familie das große Beben in Tokyo mit und die Frage kommt auf: gehen oder bleiben?
Gerade die Zeit um die große Katastrophe und die Sicht darauf ein Jahr später lassen die Autorin dann doch nachdenklicher werden und mit doch mehr Ernst darüber schreiben. Besonders ihre Beschreibung ein Jahr nach der Katastrophe, was sie bei einem Besuch eines Ortes erlebten, fand ich gut formuliert.
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Eine Stelle aus dem Buch:
- "Wir werden nichts lesen können, verloren gehen, uns aus japanischer Sicht total danebenbenehmen und von einem Chaos ins nächste stolpern, das ist gewiss. Ich bin nervös und aufgeregt und wünsche mir jemanden an meine Seite, der sagt, das alles gut wird. Meine Kinder dagegen sind sorglos und fröhlich. Sie nehmen die Dinge so, wie sie sind, und finden alles spannend. Ich bin erwachsen, nehme alles ernst und weiß schon vorher, was passieren könnte. Erwachsensein ist der Feind der entspannten Vorfreude."
Fazit:
Eine lustige, schräge, auch mal (selbst)sarkastisch-ironische, an den nötigen Stellen auch mal ernste Geschichte einer Familie, die ohne Japankenntnisse auswandert und was sie dabei allerhand erlebt. Mit der Zeit fand ich es wirklich amüsant; eingefleischte Japankenner müssen das ein oder andere Kommentar von ihr mit Humor sehen und nicht überbewerten. Es ist die Geschichte von jemanden, der sich eben null mit dem Land vor dem Auswandern beschäftigt hat.
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